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Leserbrief an die Frankfurt Allgemeine Zeitung

Unserer Leserbrief zum Artikel „Katalonien gegen Spanien“ von Leo Wieland (erschienen in der Frankfurt Allgemeine Zeitung).

 

Sehr geehrte Damen und Herren:

 

In Ihrer geschätzten Zeitung ist am 7.01.13 der Artikel „Katalonien gegen Spanien“ von Leo Wieland erschienen. In dem Artikel sind, aus der Sicht eines Katalanen, einige Ungenauigkeiten zu finden, die nicht ohne Antwort bleiben dürfen.

1. Ministerpräsident Artur Mas hat die Wahlen nicht „verloren“. Seine Partei hat an Stimmen und Sitze mehr als das Doppelte bekommen als der zweitplatzierte Partei. Richtig ist, dass die von ihm angestrebte absolute Mehrheit verfehlt wurde, weil die Wähler die absolute Mehrheit eine Partei nicht wünschten und ein Teil der Stimmen, die sonst CiU bekommnen hätte, an andere pro-Unabhängigkeits Parteien gegangen ist.

2. Das angestrebte Referendum (oder besser gesagt „Volksbefragung“) ist mitnichten der Preis, den CiU an ERC für dessen Unterstützung bezahlen musste. Die Volksbefragung war schon vor den Neuwahlen ein erklärtes Ziel von Präsident Mas. Der Kompromiss zwischen beiden Parteien basierte vielmehr auf Massnahmen im Finanz- und Sozialenbereich.

3. Der unsägliche Artikel 155 der spanischen Verfassung, der auch friedliche und demokratische Entscheidungen verbietet, wenn diese nicht in den Kram der spanischen Regierungen passen, wurde damals den Verfassern von den spanischen Militärs unter Drohungen diktiert, und wäre in jedem anderen demokratischen Land unmöglich gewesen. Die Anwendung dieses Artikels oder die zitierten Artikel des spanischen Strafgesetzbuches wäre eine Willkürmassnahme, die die Leute auf die Strasse bringen und die Zahl der Anhänger für die Unabhängigkeit noch erhöhen würde.

4. Die Position der europäischen Behörden ist keineswegs so klar wie Ihr Korrespondent meint. Einerseits hat der Druck der spanische Regierung bewirkt, dass einige erste Meinungen von Europapolitikern revidiert oder verwässert wurden. Aber hinter den Kulissen ist ständig zu hören, dass es unmöglich wäre, Katalonien aus der EU zu verstossen. Wie auch immer, eine ofizielle und endgültige Entscheidung soll erst im Ernstfall getroffen werden. Und zuletzt:

5. Der Vorschlag des Sozialisten Rubalcaba, Spanien in einen echten Föderalstaat zu verwandeln, ist unglaubwürdig weil sich keine Mehrheit dafür in den spanischen Parteien und Institutionen finden würde. Es ist übrigens eine Mär, dass Katalonien „wesentliche Eigenständigkeitsrechte“ hat. Die meisten der für die Katalanen wirklich wesentlichen Rechte sind ihnen entweder verweigert oder nachträglich in Frage gestellt worden.

Zusammenfassend: die Katalanen sind keine unsolidarischen, nimmersatten Egoisten. Der Kern des Konfliktes ist, dass durch ständige Verletzungen und Nichteinhaltung von Pakten und Vereinbarungen durch die spanische Zentralregierung, durch den Ruf nach der Verfassung wenn es den spanischen Regierungen nützlich und ihre Ignorierung wenn es nachteilig für sie erscheint, jedes Vertrauen der Katalanen in die spanische Politik zerstört worden ist. Nur so kann man dann verstehen, dass die Parteien, die sich für eine Volksbefragung über die Unabhängigkeit Kataloniens aussprechen, bei den Wahlen 73,44 % der Stimmen und 107 der 135 Sitzen des Landtages bekommen haben.

 

Assemblea Nacional Catalana (Sektion Berlin)

Pere Grau, 07. Januar, 2013

07. Januar 2013

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