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Richtigstellung von Informationen im Artikel „Der katalanische Weg“ vom 12.9.2013 (FAZ)

Sehr geehrter Herr Chefredakteur, sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe den Artikel vom 12. September „Der katalanische Weg” von Ihrem Auslandskorrespondenten in Madrid, Herr Leo Wieland, gelesen und schreibe Ihnen, um meine Konsternation über die mangelhafte Qualität der in diesem Artikel enthaltenen Informationen auszudrücken, unwürdig für eine so prestigereiche Zeitung wie die FAZ.

Herr Wieland stellt Informationen aus dem tiefsten spanisch-nationalistischen Sektor stammend als Tatsachen dar, ohne sie zu überprüfen. Zudem fügt er unnötige Kommentare hinzu, die von geringer Objektivität in Bezug auf dieses Thema zeugen, zum Beispiel wenn er schreibt „… die Separatisten (die) nach eigener Zählung mehr als eine Million Sympathisanten mobilisieren konnten”. Die „Separatisten” haben weder eine Zählung durchgeführt noch eine Zahl zur Beteiligung an der katalanischen Menschenkette veröffentlicht. Es waren der katalanische Innenminister und der Polizeipräsident der Stadt Barcelona, die die Zahl von 1,5 Millionen Teilnehmern an der Massendemonstration 2012 und von 1,6 Millionen Teilnehmern[1] am Katalanischen Weg 2013 angegeben hatten.

Ein weiteres Beispiel für eine Fehlinformation ist, als Herr Wieland erklärt, dass die Europäische Kommission gesagt hätte, dass Katalonien im Falle einer Trennung von Spanien aus der EU ausgeschlossen werden würde. Die Europäische Kommission und ihr Präsident, José Manuel Barroso, haben stets bestätigt, dass sie sich diesbezüglich nicht äußern wird, solange kein ausdrücklicher Antrag eines Mitgliedstaates vorläge.[2] Es hat lediglich Meinungsäußerungen von einigen Sprechern der Kommission gegeben, die zum Teil widersprüchlich zueinander waren,[3] [4] und es gibt momentan mehrere Studien, die bestätigen, dass dieses Thema in keiner Weise geklärt ist.[5] [6] [7]

Auch stellt Herr Wieland Fehlinformationen bzw. partielle Informationen als richtig dar, die zutiefst nationalistische Medien Spaniens veröffentlichen, um dem Ansehen der katalanischen Regierung zu schaden. Zum Beispiel, wenn er schreibt: „Die Region (…) brauchte in den spanischen Krisenjahren bisher allein nahezu dreißig Milliarden Euro staatlicher Zuschüsse, um den Bankrott abzuwenden” und dass trotz dieser Situation die Regierung von Artur Mas „noch nicht wirklich zum Sparen gezwungen” sei und dass „… kontinuierlich Hunderte Millionen Euro für die katalanische Selbstdarstellung (…) ausg(eg)eben (werden) – etwa für ‚Botschaften’, Rundfunk und Fernsehen”. An erster Stelle sollte erwähnt werden, dass Katalonien 9,073 Milliarden Euro (2013) und 5,44 Milliarden Euro (2012)[8] aus dem Autonomienfinanzfont (Fondo de Liquidez Autonómico (FLA)[9]) beantragt hatte und nicht die von Herrn Wieland genannten 30 Milliarden Euro. An zweiter Stelle sollte beachtet werden, dass die Differenz zwischen den von Katalonien an Spanien gezahlten Steuereinnahmen[10] und den Steuergeldern, die Katalonien wieder zurückbekommt, rund -16 Milliarden Euro pro Jahr[11] beträgt. Aus diesem Grund kann man zweifelsfrei sagen, dass die 9,073 Milliarden für das Jahr 2013 und die 5,44 Milliarden Euro für 2012 zu den Steuergeldern gehören, die die Katalanen an Madrid abgeben, aber die nie zurückfließen. Zudem schreibt Herr Wieland, dass Katalonien „einst der wirtschaftliche Motor Spaniens war und jetzt am Rande der Insolvenz steht” ohne die Gründe dafür zu erklären. Es bedarf keiner großen Vorstellungskraft, um zu sehen, dass ein jährliches Steuerdefizit von mehr als 16 Milliarden Euro, das 8-9 % des katalanischen BIP ausmacht, zwangsläufig zum Ruin führen muss.[12][13]

Und die „Hunderte Millionen Euro”, von denen Herr Wieland behauptet (ohne eine konkrete Zahl zu nennen), dass sie Ausgaben dienen, die er offensichtlich für unnötig hält, fallen in Wirklichkeit nur sehr wenig ins Gewicht. In Bezug auf Fernsehen und Rundfunk machten sie 0,87 % des Etats der katalanischen Regierung[14] aus. Die Ausgaben aller angeblichen ‚Botschaften’ Kataloniens betrugen im Jahre 2012 1,1 Millionen Euro[15]. Dies ist eine verschwindend geringe Zahl, wenn man sie allein mit den Ausgaben des spanischen Botschafters in Tokio für die Dekoration und die Möbel seiner offiziellen Residenz vergleicht: 560.000,00 Euro[16].  Oder mit den 259.539,88 Euro, die für Möbel für das spanische Generalkonsulats in New York[17] ausgegeben worden sind oder die 1.770.040,36 Euro, die der spanische Botschafter in London für den Bau von „Wohnungen für Diplomaten”[18]bezahlt hat, oder einfach mit den Kosten für die Residenz des spanischen Botschafters in Rabat: 5.951.377,94 Euro[19] oder Jordanien: 4.849.428,91 Euro[20]. Außerdem sollte klargestellt werden, dass es sich in keiner Weise um katalanische Botschaften handelt, sondern um Repräsentanzen der katalanischen Regierung, um Katalonien sowohl auf kulturellem wie auch wirtschaftlichem Gebiet in den fünf wichtigsten Städten der Welt bekannt zu machen: London, New York, Berlin, Brüssel und Paris[21].

Zum Schluss sollte angemerkt werden, dass es von mangelnder journalistischer Professionalität zeugt, wenn von den fünf Fragen, die eine Nachricht beantworten sollte (Was, Wer, Wie, Wann und Wo)  die Frage Wer?,  Wer hat den Katalanischen Weg organisiert? in dem Artikel nicht beantwortet wird. Herr Wieland äußert sich mit dem folgenden Satz dazu: „Die Menschenkette war ein weiterer Versuch von Mas die Zentralregierung (…) zusätzlich unter Druck zu setzen”. Damit gibt er zu verstehen, dass der Organisator des Katalanischen Weges der Präsident der katalanischen Regierung, Artur Mas, sei. Diese Fehlinformation ist journalistisch betrachtet wirklich bedauernswert. Die Vereinigung, die den Katalanischen Weg organisiert hat, ist die ANC, l’Assemblea Nacional de Catalunya (Nationale Versammlung für Katalonien),[22] eine transversale Bewegung, die keiner Partei angehört und die zur Organisation des Katalanischen Weges 30.000 Freiwillige mobilisiert hatte. Die Absicht der ANC besteht nicht darin, die Zentralregierung unter Druck zu setzen, sondern die katalanische Regierung, damit diese alle ihr zur Verfügung stehenden friedlichen und demokratischen Mittel nutzt, um das Referendum zur Selbstbestimmung durchzuführen.

Hiermit bitte ich Sie darum, dass die FAZ mehr Sorgfalt  in Bezug auf die Veröffentlichung von Artikeln mit Fehlinformationen und nicht überprüften Informationen, die letztlich zum Sprachrohr der spanisch-nationalistischen Propaganda werden, aufbringt. Und bitte suchen Sie einen Auslandskorrespondenten in Barcelona oder konsultieren Sie Diplocat[23], bevor Sie aus Madrid stammende Informationen veröffentlichen, um sich objektiver über die Ereignisse in Katalonien informieren zu können.

Vielen Dank.

Mit freundlichen Grüßen

Manuel Bargalló i Alabart

Mitglied des Consell de les Assemblees Exteriors de l’ANC (des Rates der Auslandsversammlungen der Nationalen Versammlung für Katalonien)

 


[15] http://www15.gencat.cat/ecofin_wpres12/pdf/ED_PR11.pdf (226.0019 Delegacions, oficines i missions exteriors)

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