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1. Oktober 2017 – Referendum mit Hindernissen. Ein Augenzeugenbericht von Daniela Strauß

Frei nach dem Motto „Auch aus Steinen, die dir in den Weg gelegt werden, kannst du eine Brücke bauen.“ wurden am ersten Herbstwochenende an Dutzenden von Schulen in Katalonien Tage der offenen Tür, Herbstfeste und ähnliche Aktivitäten geplant und durchgeführt; organisiert von Elternvertretungen und unterstützt von der Bevölkerung. Die Menschen in Katalonien hatten sich etwas einfallen lassen, um die Steine aus dem Weg zu räumen und damit das geplante Referendum zur Unabhängigkeit am 1. Oktober zu ermöglichen.

Auf Antrag der spanischen Regierung unter Ministerpräsident Mariano Rajoy war die Volksbefragung vom spanischen Verfassungsgericht für unzulässig erklärt worden. Die katalanische Polizei, die Mossos d’Esquadra, wurde richterlich verpflichtet, die Wahllokale am Sonntagmorgen zu räumen und zu versiegeln.

Ein Spielraum, den die einfallsreichen Katalanen für sich zu nutzen wussten. Ihre Brücke zum Referendum: Ab Freitagnachmittag nach Schulschluss bis Sonntagmorgen kurz vor neun Uhr wurden sowohl tagsüber als auch nachts die unterschiedlichsten Projekte für Groß und Klein angeboten, um so einer Schließung der Schulen – und damit der Wahllokale – entgegenzuwirken.

Folge dem Weg der Demokratie!

“Vine a la ruta de la democràcia!” Mit diesem Slogan wurde in Canet de Mar zu 24 Stunden voller Aktivitäten an den drei Schulen aufgerufen, die am Sonntag als Wahllokal dienen sollen. Die Escola Bressol „el palauet“ ist eine Krippe für Kinder bis drei Jahren. An diesem Wochenende kann man dort lernen, wie man die traditionelle katalanische Truita, ein Omelett aus Kartoffeln und Eiern, zubereitet. Außerdem stehen Yoga-, Pilates- und Zeichenkurse auf dem Programm.

Ich treffe am Samstagnachmittag ein. Mitgebracht habe ich das Spiel „Siedler von Catan“ und vor allem: meine Zeit – so wie die vielen anderen Nachbarn, Eltern und Großeltern, Jugendlichen und Kinder. Alle Altersklassen sind vertreten, um durch ihre bloße Anwesenheit gemeinsam und friedlich für ein demokratisches Grundrecht einzutreten: das Recht auf freie Meinungsäußerung. Die Stimmung ist entspannt und fröhlich. Viele Kinder spielen auf dem Spielplatz, die Erwachsenen unterhalten sich bei Kaffee und Kuchen. Andere sitzen drinnen und draußen an Tischen und spielen Gesellschaftsspiele, begleitet von leiser Musik. Später gibt es ein gemeinsames Buffet. So verlaufen Nachmittag und Abend ohne nennenswerte Zwischenfälle.

Um auch nachts die Stellung zu halten, ist eine Übernachtung geplant, genau wie in der vergangenen Nacht von Freitag auf Samstag. Vorher gibt es eine gemeinsame Lagebesprechung. Die Stimmung hat sich verändert. Alle wissen, die Lage wird ernster, der 1. Oktober und damit der Tag des für illegal erklärten Referendums rückt näher. Das weitere Vorgehen wird besprochen. Es sollen ausschließlich Erwachsene in der Schule übernachten. Die Zahl der Teilnehmer für die Übernachtung wird auf 20 Personen beschränkt und man spricht über Verhaltensregeln: kein Alkohol, keine laute Musik. Austausch von Telefonnummern – nur für alle Fälle, falls die Polizei in der Nacht vorbeikommt und die Übernachtenden schnelle Unterstützung benötigen… wofür? Das weiß keiner so genau. Niemand kann wissen, wie die katalanische Polizei, die Mossos d’Esquadra, letztendlich reagieren wird. Ein letztes Kartenspiel, dann gehe ich nach Hause, um ein paar Stunden zu schlafen.

Wochenendeaktivitäten in der Schule „el palauet“

 

Som gent pacífica– 1. Oktober in Canet de Mar

5:00 Uhr

Mit Besen und Putzlappen bewaffnet treffen die morgendlichen Helfer zum gemeinsamen Aufräumen, zur „Netejada popular“ ein. Bis zum Eintreffen des Wahlteams müssen alle Spuren des Herbstfestes beseitigt sein. Gleichzeitig bleibt die Schule besetzt. So werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Vor der Tür stehen bereits an die 300 Menschen. Um sechs Uhr morgens soll die katalanische Polizei landesweit alle Wahllokale schließen. Um dem entgegenzuwirken, wurde dazu aufgerufen, sich frühmorgens ab fünf Uhr vor den Schulen einzufinden und Schlangen zu bilden. Die Devise des Tages: „Tothom a les escoles! Per votar i per protegir-les!“ Alle zu den Schulen! Um zu wählen und sie zu schützen! Die Strategie: Gemeinsam sind wir stark! Eine große Anzahl friedlich wartender Menschen verhindert durch bloße Anwesenheit die Schließung der Schulen.

Bereits während der vergangenen Tage und jetzt beständig wiederholt, ertönt der über allem stehende Leitsatz der Katalanen: „Som gent pacífica!“, wir sind friedfertige Menschen, wir agieren ruhig und friedlich. Es geht darum, den Bürgern den Zugang zu den Wahllokalen und damit zu einer demokratischen Wahl zu ermöglichen.

Es regnet. Die Stimmung ist gedämpft, abwartend. Eine gewisse Spannung liegt in der Luft. Wie wird die Polizei reagieren? Wann wird das Wahlteam, wann die Wahlurnen eintreffen? Wird das Referendum wie geplant stattfinden? Doch auch eine erwartungsvolle Vorfreude ist zu spüren. „Votarem!“ Wir werden wählen!

Die Kommunikation läuft über verschiedene WhatsApp Gruppen, sowohl privat als auch lokal und landesweit. Immer wieder der Aufruf: „Es necessita gent per protegir les escoles.” Es werden Leute gebraucht, um Schulen zu schützen. Dann folgt eine Auflistung bestimmter Schulen, an denen gerade zu wenige Menschen sind.

Schlangestehen im Morgengrauen

7:20 Uhr

Schließlich erscheinen zwei Polizisten der Mossos d’Esquadra. Sie begutachten die Lage und beziehen für eine Weile Stellung vor der Tür. Schließlich ziehen sie sich zurück. Lautes Klatschen. Befreites Aufatmen.

Derweil wird die Schule fleißig auf Hochglanz gebracht. Die Aktivität vertreibt angstvolle Gedanken.

8:00 Uhr

Als Reaktion auf die Schließung einiger Wahllokale durch den spanischen Staat hat die katalanische Regierung ein System entwickelt, mit dem jeder Wahlberechtigte in jedem beliebigen Wahllokal Kataloniens seine Stimme abgeben kann. Demnach wird jeder Wahltisch online Zugriff auf das allgemeine Einwohnerverzeichnis haben. Anhand des Personalausweises und mittels Eingabe der DNI, der persönlichen Identifikationsnummer, wird sichergestellt, dass jeder insgesamt nur einmal wählen kann.

Dann kommt Bewegung in die Menge. Kaum bemerkt und äußerst unauffällig wird eine Wahlurne hereingetragen. Das Wahlteam bildet sich scheinbar zufällig aus den Reihen der Wartenden. Bis zum Schluss wurde geheim gehalten, wer die Wahlhelfer sein werden. Alle Vorbereitungen zum Referendum fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Geheimen statt. Wahlurnen und Stimmzettel wurden bis zuletzt versteckt gehalten.

Das Putzteam stellt die Besen an die Seite und reiht sich in die Schlange vor dem Eingang.

Die Wahlurnen sind eingetroffen!

9:00 Uhr

Mit zehnminütiger Verspätung öffnet die Schule, das heutige Wahllokal „el palauet“ seine Pforten. Auf einem Stuhl am Eingang wartet eine alte Dame, Jahrgang 1918! Mit glänzenden Augen betritt sie den Raum und darf als Erste wählen. Freudentränen, Beifall ertönt. Sie hat gewählt! Vorfreude unter den Wartenden, Personalausweis und Wahlzettel in der gezückten Hand. Gleich ist es soweit… und dann geht auf einmal gar nichts mehr. Die Internetverbindung ist unterbrochen. Die Guardia Civil hat alle mit dem Referendum in Verbindung stehenden IP-Adressen blockiert.

Nahezu gleichzeitig treffen die ersten schockierenden Nachrichten des Tages ein. Die paramilitärische Polizeieinheit Spaniens ist ausgerückt, um Wahlurnen zu beschlagnahmen und weitere Wahllokale zu schließen. Dabei legen die Beamten ein brutales Vorgehen an den Tag. Wir sehen Fotos und Videos von Einsatzkräften in schwarzer Uniform, die in bedrohlicher Formation auf die vor den Wahllokalen wartenden Menschen vormarschieren und ihre Schlagstöcke aktiv einsetzen. Wir sehen Bilder von verletzten Menschen.

Alle sind bestürzt. Vermummte Polizisten, die friedliche Bürger, die alte Leute schlagen, aus dem Weg zerren und über den Boden schleifen. Damit hat keiner gerechnet. Trotz aller Bestürzung und Angst überwiegt ein anderes Gefühl: „Endavant!“ Vorwärts, weitermachen! Wir lassen uns unser Recht nicht nehmen – „Votarem!“ Wir werden wählen!

Fieberhaft versucht der Informatiker des Wahlteams das blockierte System zu entsperren.

11:30 Uhr

Mit seinem Mobiltelefon hat er schließlich Zugriff auf das Einwohnerverzeichnis und es kann gewählt werden. Langsam, denn die Eingabe der Daten über die Handytastatur ist mühsam. Doch die Menschen warten geduldig. Heute ist Wahltag und nichts anderes von Bedeutung. Alle haben Zeit mitgebracht. Heute geht es vor allem auch um Präsenz.

Vor der Tür und auf dem Gehweg haben sich mittlerweile ca. 500 Menschen versammelt. Einige haben Campingtische und Stühle mitgebracht. Die Durchgangsstraße wurde mit Privatautos abgeriegelt.

13:00 Uhr

Ich mache einen Rundgang durch das Dorf. Vor dem örtlichen Kulturzentrum „el centru“, einem weiteren Wahllokal, bietet sich mir ein ähnliches Bild: Hunderte Menschen verstopfen die engen Gassen des Altstadtviertels. Sie haben die Bänke aus der anliegenden Kirche herausgetragen und damit die Straßen blockiert.

Kirchenbänke blockieren die Straße vor dem Wahllokal „el centru“

Vor dem Eingangstor von „el palauet“ haben sich in der Zwischenzeit ein paar Feuerwehrleute in Uniform postiert.

Mittlerweile sind die Bilder über das gewaltvolle Vorgehen der Guardia Civil um die Welt gegangen. Internationale Medien berichten aktuell über das Geschehen. Weiterhin kursieren in regelmäßigen Abständen Appelle, geduldig zu bleiben, zu den Wahllokalen zu kommen und vor Ort zu bleiben, um damit die Schulen und die Wahlurnen sowie am Ende des Tages die Auszählung der Stimmen zu sichern: Aufruf zu friedlichem Widerstand.

Am Eingangstor haben sich Feuerwehrleute postiert

13:45 Uhr

Das Informatiksystem ist entsperrt – es gibt wieder eine Internetverbindung. Jetzt kann an allen drei Tischen gewählt werden, ordnungsgemäß per Computer. Die Schlange der Wartenden setzt sich in Bewegung, es geht beständig vorwärts. Viele stehen seit dem frühen Morgen vor der Schule. Dementsprechend groß ist die Freude und Erleichterung. Der große Moment, auf den alle seit langem hingefiebert haben, ist endlich da.

Auch wenn es nun stetig vorangeht, die Eingangstür wird verschlossen gehalten und lediglich bei Bedarf geöffnet. So, dass sich immer nur ca. 50 Personen im Inneren der Schule aufhalten. Eine Vorsichtsmaßnahme.

Immer wieder erklingt Beifall. Vor allem die älteren Mitbürger werden beklatscht.  Freudentränen, Umarmungen, befreites Lachen, Fotos vor der Wahlurne mit dem Wahlzettel in der Hand. Bewegende Momente. „He votat!“ Ich habe gewählt!

Die Stimmung unter den Verantwortlichen ist dennoch äußerst angespannt. Das Wahlteam erlaubt sich keine Pause, kein Aufatmen. Zügig wird die Wahl vorangetrieben. Alle haben die Bilder, die aktuellen Ereignisse im Kopf und wissen: Es kann jeden Augenblick vorbei sein.

14:45 Uhr

Der erste der drei Wahltische wird geschlossen und die Wahlurne voller Wahlzettel in einen Nebenraum gebracht. Das Sichern der bereits abgegebenen Stimmen hat oberste Priorität. Einige Mitglieder des Wahlteams sind sichtlich nervös. Weitere erschreckende Nachrichten haben im Verlauf des Tages die Runde gemacht. In Canet de Mar verläuft bisher jedoch alles ruhig.

An den verbleibenden zwei Tischen geht die Wahl weiterhin zügig vonstatten, ruhig und selbstsicher.

16:00 Uhr

Dann empfängt das Wahlteam die befürchtete Nachricht: „Die Guardia Civil ist in Canet de Mar!“ Eine Falschmeldung, wie sich später herausstellen wird. Doch das kann hier im Inneren der Schule zum jetzigen Zeitpunkt niemand wissen. Sofort breitet sich eine gewisse Panik aus. Angst liegt in der Luft. Alle haben die Bilder des Tages in Kopf. Jetzt gilt es, schnell und überlegt zu handeln. Nach kurzem hin- und her entscheidet das Team, die Schule sofort zu schließen. Es darf nicht zu weiteren Gewalttaten kommen. Die letzten Wähler können noch ihre Stimme abgeben, dann wird schnell aufgeräumt. Die Urnen mit insgesamt rund 600 abgegebenen Stimmen lagern im Nebenraum. Währenddessen werden die wartenden Menschen informiert.

Jetzt schnell raus aus der Schule und die Türen abschließen. Für einen Moment herrscht Verwirrung, kurzes Durcheinander  – wo sollen wir raus? – durch die Vordertür oder den Hintereingang? Schließlich verlasse ich das Gebäude zusammen mit dem Wahlteam durch den hinteren Ausgang. Jetzt gilt es, die Wahlurnen zu sichern. Doch wo ist der Schlüssel für das Tor des Zauns am Hintereingang? In der Hektik des Augenblicks findet keiner den passenden Schlüssel. Kurzerhand springt einer des Teams über den Zaun. Dort steht schon ein Auto mit offener Kofferraumklappe bereit. Die erste Urne wird verstaut. Sofort kommt jemand mit der zweiten Urne angerannt und wirft sie über den ca. 2m hohen Zaun seinem Kollegen zu. Auch die dritte Urne wird auf diese Weise in den Kofferraum befördert, schnell eine Decke darüber geworfen und los geht es…

Ich stehe derweil auf dem Hof und verfolge wie gelähmt das Geschehen. Die ganze Aktion hat nur wenige Augenblicke gedauert und es kommt mir vor, als wenn ich gerade Zeuge der Dreharbeiten zu einem Kinofilm gewesen bin… Die anderen Wahlhelfer kommen mit feuchten Augen heran, Tränen der Enttäuschung und Frustration. „Ich habe noch nicht gewählt!“

Doch es bleibt keine Zeit für Ruhe, keine Zeit zum Aufatmen. Alle haben im Hinterkopf, dass jeden Moment die Polizisten der Guardia Civil eintreffen können. Ich folge dem Wahlteam nach vorne zu der wartenden Menge. Dort gibt es eine Erklärung. Rund 200 Menschen konnten ihre Stimme noch nicht abgeben. Es wird beschlossen, dass alle, die noch nicht gewählt haben, sofort zum Wahllokal „el centru“ gehen. Dieses Wahllokal im alten Dorfkern von Canet de Mar ist wesentlich leichter zu schützen als die Schule „el palauet“, die rundherum frei zugänglich ist und mehrere Eingänge hat. Alle anderen werden gebeten, die Menschen vor der Schule „Escola de Teixits“ zu verstärken. Ein weiterer Wahlort, die Schule „Institut Lluís Domenech i Montaner“, war bereits zuvor geschlossen worden.

Ansprache nach Schließung der Schule „el palauet“

17:00 Uhr

Am Wahllokal „el centru“ ist es voll, einige hundert Menschen stehen in den engen Gassen vor dem Gebäude und unterhalten sich. Bilder und Videos werden ausgetauscht. Die Atmosphäre ist ruhig und abwartend. Unterschwellig ist eine gewisse Anspannung zu spüren. Bisher verlief die Volksbefragung in unserem Dorf ohne größere Zwischenfälle und friedlich, doch noch ist der Tag nicht zu Ende; sind die Stimmen nicht ausgezählt.

Dann kommt ein Beamter der Mossos d’Esquadra vorbei und läuft durch die Straße. Er wird lautstark beklatscht. Die katalanische Polizei hat sich mit ihrer passiven Vorgehensweise in den Augen der Bürger heute vorbildhaft verhalten.

Warteschlangen vor dem Wahllokal „el centru“

19:00 Uhr

Die Lage im Dorf ist weiterhin ruhig. Nach einer kurzen Ruhepause kehre ich zum „el centru“ zurück. Dort halten sich weiterhin hunderte Menschen auf.

20:00 Uhr

Schließung der Wahllokale. Die Durchführung des Referendums verlief in Canet de Mar im Angesicht der schwierigen Umstände vergleichsweise ruhig und ordnungsgemäß. Es gab keine Gewalt, die Beamten der Guardia Civil sind letztendlich nicht im Dorf erschienen.

Bei der Auszählung der Stimmen bin ich nicht dabei. Später erfahre ich, dass diese in der Sakristei der Hauptkirche von Canet de Mar durchgeführt wurde.

21:15 Uhr

Der Tag endet, wie er begonnen hat. Ich begebe mich noch einmal zur Schule „el palauet“. Noch einmal nehmen alle die Besen in die Hand, es wird gefegt und aufgeräumt. Doch anders als am Morgen begleiten jetzt die schrecklichen Bilder und Nachrichten des Tages das Tun. Alle sind still und in die eigenen Gedanken versunken. Müde. Die Spannung des Tages hat sich gelegt. Das Referendum. Es hat stattgefunden. Über zwei Millionen Menschen konnten trotz der widrigen Umstände ihre Stimme abgeben.

Abschließende Fakten

Die Aufschrift des Stimmzettels war dreisprachig (Katalanisch, Spanisch und Okzitanisch). Die Frage des Referendums lautete: Wollen Sie, dass Katalonien ein unabhängiger Staat in Form einer Republik wird?

Die Wahlbeteiligung in Canet de Mar lag bei insgesamt 51,65%.

Auszählungsergebnisse der Schule „el palauet“ in Canet de Mar:

Abgegebene Stimmen: 648

Sí = Ja                    633

No = Nein                 12

Blancs = leer              2

Nuls = ungültig           1

 

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2 thoughts on “1. Oktober 2017 – Referendum mit Hindernissen. Ein Augenzeugenbericht von Daniela Strauß

  1. Vielen Dank, Daniela Strauss, für deinen Augenzeugenbericht!
    Vielen Dank, ANC-Deutschland für das Veröffentlichen!
    Ich lebe in Deutschland und durfte per Briefwahl abstimmen. Eigentlich hatte ich nicht vor in Barcelona, meine Heimatstadt, zu sein.
    Aber ab den 20. September ist so viel passiert, was, meiner Meinung nach, in einer Demokratie nicht geschehen sollte: die Spanische Zentralregierung hat der Guardia Civil (die paramilitärische Polizeieinheit Spaniens) beauftragt Webseiten zu blockieren und Wahlzettel zu beschlagnahmen. Außerdem sind zwölf katalanischen Politiker und Beamte in Gewahrsam genommen worden, und tausenden von Polizisten und Guardia Civil aus ganz Spanien sind nach Katalonien versetzt worden.
    Deswegen habe ich mich am 30. September entschieden, doch nach Barcelona zu kommen. Ich wollte dann bei der Schule, wo meine Familie abstimmen sollte, helfen.
    Was Daniela beschreibt, kann ich nur bestätigen!
    Meine Schwester und ich waren von Viertel vor fünf (morgens) bis halb zehn (abends) vor einer Grundschule in der Nähe der Sagrada Família.
    Während ich Danielas Bericht lese, kommen noch Mal die Bilder vom 1. Oktober wieder hoch. Ich bekomme Gänsehaut und kann die Tränen kaum unterdrücken. Traurige Tränen.
    Aber auch Tränen der Enttäuschung:
    Warum sollte so schwierig sein in einem, angeblich, demokratischen Statt, wählen zu dürfen?
    Warum sollte man in einer Demokratie, Wahllokale, Wahlurnen und, vor allem, Menschen, die in der Hand ein Stimmzettel haben, so schützen müssen?
    Warum sollte man in der EU des 21. Jahrhunderts Angst haben, wählen zu gehen?

    Gràcies de nou, Daniela, pel teu testimoni!

  2. Vielen Dank für diesen Bericht!

    Ich habe in Mataró eine ähnliche Erfahrung gemacht. Nur ich habe tatsächlich die Nacht vom Samstag auf Sonntag in einem Wahllokal verbracht und am nächsten Morgen gegen 8 Uhr bin ich zu meinem Wahllokal gegangen und zufällig Wahlhelfer geworden. Die Internet- und Webseite-Angriffe fanden bei uns um die gleichen Uhrzeiten statt. Die Falschmeldung, dass die Polizei in Mataró war, kam um die Mittagszeit, genau wann viele Bürger kurz nach Hause zum Mittagessen gegangen waren. Zusätzlich hatten wir technische Schwierigkeiten mit den IPs. Alle, die da waren, sind trotz Angst geblieben und haben geduldig gewartet bis man wieder wählen konnte. (Allerdings hat die Polizei etwas später Dosrius, unser Nachbardorf, besucht und mehrere Leute verletzt. Vielleicht war es doch keine Falschmeldung.)

    Ab 18 Uhr ging die Uhr nicht schnell genug und pünktlich um 20 Uhr hat die Auszählung angefangen. Ca. 634 Leute haben in „meine“ Wahlurne ihre Stimme abgegeben. In der Schule gab es 5 Wahltische und über drei Tausend Menschen konnten dort wählen. Als wir aus der Schule kamen, waren alle noch vor der Tür versammelt, der ganze Platz voll: „wir haben gewählt!“.

    Um 22 Uhr im Bett habe ich die Kraft gefunden, um endlich zu weinen.

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