Katalonien erlebt zur Zeit eine der größten gewaltfreien und demokratischen Volksbewegungen der letzten Jahrzehnte in Europa. Vor einem Jahr, am 1. Oktober 2017, fand ein Referendum über die Frage der Schaffung einer katalanischen Republik statt. Die Abstimmung, an der sich trotzt Verbot der spanischen Regierung über zwei Millionen Menschen beteiligten, wurde von der spanischen Polizei brutal angegriffen, es gab über 1000 Verletzte.
In der Folge wurden neun Parlamentarier und zwei Vertreter gesellschaftlicher Organisationen inhaftiert, weitere sieben gingen ins Exil. Unter den Exilierten befindet sich der katalanische Präsident Carles Puigdemont. Nach einer kurzzeitigen U-Haft in Deutschland wurde er freigelassen, weil der spanische Richter den Auslieferungsantrag zurückzog. Die deutschen Richter hatten den Vorwurf der Rebellion als von vornherein unzulässig erklärt.
Inzwischen entsteht in Belgien ein „Rat der Republik” im Exil, der gemeinsam mit der katalanischen Autonomieregierung weiter um eine demokratische Lösung kämpft. Die Basisbewegung sucht trotz staatlicher Repression und zunehmender Angriffe faschistischer Gruppen nach neuen Aktions- und Organisationsformen, die einen schwierigen aber stetigen Weg zu einer international anerkannten demokratischen Entscheidung über eine katalanische Republik bereiten sollen.
Die Situation in Katalonien ist aber nicht nur ein Thema für Katalaninnen und Katalanen, sondern stellt grundsätzlich die Frage, wie demokratische Rechte in Europa gelebt und geschützt werden können; und, wie neue basisdemokratische Prozesse ihren Platz finden, bei denen es nicht um Abgrenzung und Ethnie geht, sondern um gemeinsame inklusive Werte für alle Menschen, in einer offenen Gesellschaft ohne Korruption und ohne zentralistische Machtpolitik von Franco bis Frontex.
Der Journalist und politische Beobachter Ralf Streck, der viele der Ereignisse in den letzten Monaten aus erster Hand miterlebt hat, berichtet über die aktuelle Situation und stellt politische Perspektiven vor.
Außerdem zeigt der Dokumentarfilm „1-O” (OmU 38’), wie der Tag des Referendums vom 1. Oktober ablief.
Was ist los in Katalonien? Demokratie- oder Unabhängigkeitsbewegung?
Donnerstag, den 27. September 2018 um 19:00 Uhr
Goethe-Universität Frankfurt Campus Westend
Norbert-Wollheim-Platz 1 IG-Farben-Haus Seminarraum 251
Eintritt frei, Spenden erbeten
Veranstalter: ANC Frankfurt
Über Ralf Streck
Ralf Streck, deutscher Journalist, Autor und Übersetzer, studierte Politikwissenschaft und Turkologie in Frankfurt und schreibt für diverse Medien in Europa. Er lebt im Baskenland und beschäftigt sich besonders mit linken Unabhängigkeitsbewegungen wie im Baskenland, Katalonien, Schottland.
Einige Artikel von Ralf Streck:
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